Als Autor ist es nahezu unmöglich, eigene Texte mit einer neutralen Brille zu lesen. Das macht es so schwer, Fehler in diesen Texten zu erkennen – selbst dann, wenn Sie sich mit der Materie »Text« eigentlich gut auskennen.
Sie möchten Ihren eigenen Text verbessern, wissen aber nicht wie? In diesem Artikel stelle ich sieben Tipps und Tricks vor, die bei der Überarbeitung von selbstverfassten Texten helfen.
Warum ist es so schwer, eigene Texte zu korrigieren?
Während des Schreibprozesses haben Sie Ihren eigenen Text bereits einige Male selbst gelesen. In Ihrem Kopf wissen Sie genau, was Sie auf das Papier bringen wollten. Doch sind auch alle Buchstaben und Wörter so in Ihrem Schreibdokument gelandet, wie Sie es vorhatten?
Insbesondere dann, wenn Sie Ihren Text überfliegen, kann es passieren, dass Ihr Gehirn automatisch Wörter sowie Buchstaben ergänzt und Fehler einfach überliest. Vielleicht sind Sie im Internet schon auf die bekannten kleinen Textbeispiele gestoßen, die dieses Phänomen veranschaulichen. Falls nicht, versuchen Sie bitte einmal, diesen Satz zu lesen:
»Vermultich versteehn Sie den Ihnalt deises Saztes, acuh wnen die Bcuhstaeben vlöilg duchreniadneregwüfrelt snid.«
Sie sollten Ihr Gehirn also dazu bringen, diesen automatisch ablaufenden Korrekturprozess bewusst zu unterbrechen. Außerdem sollten Sie versuchen, Ihrem Gehirn vorzugaukeln, dass Sie den bereits bekannten Text zum allerersten Mal lesen. Wie gelingt das?
Tipp 1: Schriftart und -größe verändern
Der erste Tipp wäre, die Schriftart und die Schriftgröße im Schreibdokument vorübergehend zu verändern. Sorgen Sie dafür, dass sich die Zeilenumbrüche verschieben – die Zeilen sollten also mit einem anderen Wort anfangen und enden als zuvor. Achten Sie dabei bitte darauf, dass die Formatierungen weiterhin eine gute Lesbarkeit des Textes gewährleisten (schnörkelige Handschrifttypen sind beim Korrekturlesen kontraproduktiv). Der neu formatierte Text dürfte Ihrem Gehirn nun etwas fremder vorkommen, sodass Sie Fehler leichter bemerken können.
Tipp 2: Wichtiges ausdrucken
Als ich vor 10 Jahren die ersten wissenschaftlichen Zeitschriftenartikel korrigiert habe, gab es immer mehrere Korrekturschleifen, von denen eine am Ausdruck stattfand. Der Medienwechsel vom Bildschirmdokument hin zum bedruckten Papier hat ähnlich wie das Verändern von Schriftart und -größe (Tipp 1) dazu geführt, dass der Blick auf den Text »frischer« wurde. Die meisten Lektorinnen und Lektoren, die ich kenne, arbeiten heutzutage fast ausschließlich am Bildschirm. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt aus Gründen der Nachhaltigkeit begrüßenswert. Haben Sie allerdings einen kurzen Text, der besonders wichtig ist (z. B. ein Klappentext oder Inhaltsverzeichnis), dann kann sich ein zusätzlicher Korrekturdurchgang am Ausdruck als nützlich erweisen.
Tipp 3: Absatz für Absatz
Um die Struktur Ihres Textes zu reflektieren, kann es hilfreich sein, jeden Absatz am Seitenrand mit einem kleinen Vermerk zu versehen. Fassen Sie den Inhalt und die Funktion des jeweiligen Absatzes in einem Satz zusammen. Das kann zum Beispiel so aussehen:
Jugendbuch |
Wissenschaftlicher Text |
»In diesem Absatz wird den Leserinnen und Lesern das dunkle Geheimnis der Figur Exemplaria Schmidt offenbart.« |
»Dieser Abschnitt soll Leserinnen und Leser auf mögliche Probleme bei der Interpretation des Modells aufmerksam machen.« |
Gibt es längere Absätze, bei denen es Ihnen schwerfällt, den Inhalt und die Funktion zusammenzufassen? Überlegen Sie, ob diese Teile für Ihre Geschichte bzw. Ihre Argumentation wirklich nötig sind oder gestrichen/gekürzt werden können.
Tipp 4: Lieblingsfehler sammeln
Oft haben Autorinnen und Autoren kleine »Problemzonen«, die in ihren Texten immer wieder in Erscheinung treten. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu werden. Legen Sie sich einen Zettel mit Ihren persönlichen »Lieblingsfehlern« an. Wenn Sie im Feedback einer Lektorin oder eines Testlesers öfter denselben Hinweis erhalten, ist es an der Zeit, Ihre Liste zu ergänzen. Beim Verfassen bzw. Korrigieren Ihres nächsten Textes sollten Sie auf die Punkte Ihrer Liste dann besonders achtgeben. Auf meiner persönlichen Liste stehen zum Beispiel »Wörter aus dem Französischen«, deren korrekte Schreibweise ich grundsätzlich prüfe.
Tipp 5: Software nutzen
Verwenden Sie eine Korrektursoftware! Zwar haben sowohl der Editor in Word als auch der Duden Korrektor eigene »Problemzonen« (insbesondere bei komplexen Satzkonstruktionen sind die Verbesserungsvorschläge nicht immer richtig), aber ein genereller Verzicht auf derartige Programme wäre unklug. Eine Stärke der Korrekturprogramme liegt z. B. im Erkennen von Tippfehlern wie Buchstabendrehern. Außerdem ist damit zu rechnen, dass sich die Funktionalität und Genauigkeit solcher Programme zukünftig noch verbessern wird.
Tipp 6: Laut vorlesen
Wie wirkt Ihr Text? Liest er sich flüssig? Um den Klang Ihres Textes einschätzen zu können, ist es ratsam, ihn laut vorzulesen. Das laute Lesen führt dazu, dass Sie etwas länger bzw. bewusster auf der Ebene eines Satzes verweilen. Ein verlangsamter Leseprozess eröffnet Ihnen somit eine neue Perspektive auf Ihren Text und führt im besten Fall dazu, dass Ihnen Fehler ins Auge springen, die Sie zuvor überlesen haben.
Tipp 7: Zeit lassen
Und der wichtigste Tipp kommt ganz zum Schluss: Lassen Sie sich Zeit! Und damit meine ich:
· Nehmen Sie sich genügend Zeit, um sich mit Ihrem Text zu beschäftigen. Optimalerweise überarbeiten Sie Ihr Werk in Ruhe und ohne Zeitdruck.
· Lassen Sie einige Zeit verstreichen, bevor Sie mit der Überarbeitung beginnen. Haben Sie den Text länger nicht gesehen, fällt es Ihnen leichter, ihn mit einem neutralen Blick zu lesen.
In der Realität führen äußere Umstände und Abgabetermine leider oft dazu, dass Zeiten für Überarbeitungsschleifen knapper ausfallen als erhofft. Aber wenn Sie die Möglichkeit haben, Ihren Schreibprozess zu entschleunigen, nutzen Sie sie!
Berücksichtigen Sie die vorgestellten Tipps, können Sie die Qualität Ihrer eigenen Texte bereits deutlich verbessern. Wenn Sie im Anschluss an Ihre sorgfältige Überarbeitung ein professionelles Lektorat und Korrektorat durchführen lassen, benötigt der Dienstleister auch weniger Zeit, um den Text zu prüfen und ihm den letzten Schliff zu verpassen.